Schwabinggrad Ballett

Ich singe in einem kleinen, knuffigen und etwas eigenwilligen Chor mit Charakter. Einige Mitglieder des Chors gehören dem “Schwabinggrad Ballett” an. Selbst beschreibt sich diese politische Gruppe aus Hamburg wie folgt:

“Das Schwabinggrad Ballet ist ein aktivistisch-künstlerisches Kollektiv aus Hamburg, das sich zur Jahrtausendwende gegründet hat, um jenseits ritualisierter linker Protestformen unerwartete Situationen herzustellen.

Das Schwabinggrad Ballett vereint in seinem Namen die Erinnerung an die größte Niederlage der Nazis und die ersten bohemistischen Strassenmusiker-Krawalle der Republik. Es ist ein offenes Kollektiv und Teil eines Netzwerks, das unter anderem den Hamburger Buttclub betreibt. Dort werden Diskussionen, Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Lesegruppen und Aktionen organisiert.” (Schwabinggrad Ballett)

Neulich fiel die wöchentliche Chorprobe aus, da ein Teil des Chors (einschließlich der Leitung), nach Athen flog. Ziel: Vor der deutschen Botschaft die Meinung des Schwabinggrad Balletts zum Verhalten der Bundesrepublik gegenüber der finanziellen Situation Griechenlands, kund zu tun. Verlesen wurde das Pamphlet in griechischer und deutscher Sprache. Einige Botschaften:

“Ξεπούλημα της Ελλάδας, Not In Our Name!”, “Οι Μέρκελες και Σόιμπληδες δεν θα μας πούνε, πότε θα γίνουνε εκλογές στην Ελλάδα”, “Όχι σ’αυτό το Μνημονιακό-Ύφος!”, “Kαλύτερα να πληρώσετε τα ναζιστικά σας χρέη!” και “Σταματήστε επιτέλους με το παραμύθι πως οι Γερμανοί σώζουν τους Έλληνες!” Ή “Τέλος με το παραμύθι πως οι Γερμανοί σώζουν τους Έλληνες”.

(‎”Ausverkauf Griechenlands, Not in Our Name!”, “Die Merkels und Schäuble haben nicht zu bestimmen, wann in Griechenland gewählt wird”, “Nicht in diesem Memorandum-Ton!”, “Zahlt erstmal eure Nazischulden!” und “Hört auf mit dem Märchen, die Deutschen retten die Griechen!”). Hier könnt ihr euch Ausschnitte der Protestaktion ansehen: Schwabinggrad Ballett in Athen

Eier wurden an das Schild der deutschen Botschaft geworfen und das Lied “” gesungen (Übrigens auch im Repertoire meines Chors).

Hafen

Späte Sonntagssonne über Hamburg: Drei Momentaufnahmen eines Nachmittags. Die Menschen sitzen und liegen auf jedem Fleckchen, der Sonne erhascht. Eine Ruhe, die entspannt.

Social Network- Fasten

Seit Aschermittwoch ist Fastenzeit. Ein 40 tägiger Zeitraum in dem gläubige Christen auf Genuss verzichten. Bekannte Fastenarten sind der Verzicht auf Fleisch, Süßigkeiten oder fettreiche bzw.üppige Gerichte. Eine neue Art des Fastens ist mir am Mittwoch begegnet. Eine Bekannte verzichtet 40 Tage lang auf Social Networks. Erreichbar ist sie über altbewährte Kommunikationswege, die heute etwas verpönt betrachtet werden: E-Mail und persönliche Anrufe per Mobiltelefon.

Social Media Fasten

Nicht gerade einfach in einem Zeitalter, in dem persönliche Kommunikation nicht mehr angesagt ist. Begründung: Keine Zeit. PN ersetzt auf Social Networks die Mail, die bereits den Brief ablöste. Anrufe werden durch SMS gelöst und sowieso gehen Verabredungen über Social Networks doch am besten.

Nachrichten auf Pinnwänden wie “Hey! Wie geht es dir? Habe schon lange nichts mehr von dir gehört! Hoffe es geht dir gut.” Sind traurig zu lesen, wenn doch eigentlich der Griff zum Telefon und 30 Minuten Zeit Austausch schaffen könnte. Nur noch getoppt von der Antwort: “Gut, und dir?” “Auch gut.” Super, dass nenne ich Austausch, dass nenne ich Interesse an anderen Personen. Dann kann man es auch gleich lassen.

Die Massentauglichkeit des Internets

Ein anderer Aspekt ist, dass man glaubt viele Leute zu kennen. Denn durch Social Networks kann man heute in Kontakt bleiben. Vor der Massentauglichkeit des Internets haben die gesellschaftlichen und persönlichen Bedingungen den Freundeskreis ganz natürlich selektiert. Heute glaubt man 100 bis 300 Freunde zu haben. Fakt ist, dass aber alle Freunde sich weiterentwickeln.

Teilt man nicht mehr den gleichen Alltag und lebt  in verschiedene Städte, ist das voneinander entfernen ganz normal, denn keiner kann das komplette Leben von 300 Personen kennen. Was bleibt ist eine handvoll Menschen aus vergangener Zeit, mit denen man sich am besten verstanden hat. Die man ein paar mal pro Jahr trifft, die die Gedanken und Einstellungen mit dir teilen.

Und natürlich der eigene Alltag, der aktuelle Freundeskreis, das eigentliche Leben. Doch viele können dies nicht akzeptieren, wollen es nicht akzeptieren oder sparen es sich gleich neuen Leuten gegenüber zu öffnen. Wieso auch, habe doch Kontakt zu meinen alten Freunden und kann diese einmal im Monat sehen und täglich in Social Networks treffen.

Mittlerweile habe ich einige Leute kennen gelernt, die sich nie mit der Materie des Social Networks auseinander gesetzt haben. Wieso auch, sie haben ein Handy, eine E-Mail-Adresse und ein Leben. Keine Zeit für Social Networks.

Slam!

Fick dich Welt, (ich korrigiere), fick dich Gesellschaft! Es sind meine Gedanken.”, dies schießt mir regelmäßig als erstes durch den Kopf, wenn ich auf einer Slammer-Veranstaltung war.

Heute war ich im Molotow, im Esso-Block, der seit kurzem zum Abriss freigegeben wurde. Veranstaltung: Singer-Song-Slam, danach übersprudelnde Kreativität in meinem Kopf. Seiten an Monologen und Erinnerungen an meinen Sommer als Slammerin. Hier mein allererster Slammer-Text, geboren im frühesten Frühjahr 2009.

Einer der Guten

  • du bist kein Format
  • du bist Querdenker, Freiheitssuchender und Luftpirat
  • du bist Ignorant von Intoleranz und Intriganz
  • einfältige Menschen sind dir irrelevant
  • künstlerische Kurven küren deinen konstruktiven Kopf
  • sich widerspiegelnde Gegensätze ziehen dich geradewegs an
  • Inspiration ist Leben
  • Leben lassen lieber lieblosen Leuten überlassen
  • Kult ist die Kunst der kreativsten Kinder
  • Monotonie ist Ironie für deine Sinne
  • Musik ist für dich Leidenschaft, Lebenssaft mit Aussagekraft
  • Stress ist nicht das Ausmaß von Geldverlust und Verdruss, sondern Zeit und Raum zum genaueren hinschauen.
  • Wenn du Selbstmord begehst schießt du dir eine Kugel in den Kopf und wirfst dich nicht vor den Zug – du denkst an den Lokführer.
  • Du beneidest Enten.
  • du gehst nicht in Läden, wo alle Leute gleich aussehen
  • der Poetry Slam ist für dich noch Originalität und nicht der Zerfall in Massen befriedigende “Comedytät”
  • du siehst hin und sagst nicht, dass ist zu grausam für diese Welt. Du siehst hin und sagst: das ist „diese Welt!
  •  Worte haben in Extremen, Macht
  • Individualität ist für dich auch individuell
  • du bist ein Ernie und kein Bert – oder zumindest auf dem Weg zum Ernie.
  • du magst Blätterrauschen und dich ab und zu zu saufen
  • Ehe ist keine Steuern sparende Maßnahme
  • du denkst nicht, dass es sich mit leerem Kopf besser nickt
  • Herz steht für Hass – du hast nicht verlernt zu lieben
  • du berufst dich nicht auf den Weltfrieden, wenn dir die Worte fehlen;
    wenn dir die Worte fehlen, 
    schweigst du
  • du springst ins nichts und alles ändert sich


       → Bist du noch einer der Guten oder bereits untergegangen in gesellschaftlichen Fluten?


PS: Willkommen auf meinem Blog!